Offener Brief zum Thema Haushalt

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

angesichts der Tatsache, dass der Haushalt noch nicht verabschiedet wurde, setzt die Stadtverwaltung unter anderem das Spielmobil sowie die Bäder der Stadt Kerpen vorläufig aus. Nach unserer rechtlichen Einschätzung erachten wir dieses Vorgehen als problematisch, da es den Eindruck erweckt, Druck auf die Entscheidungsträger auszuüben.

Ich möchte Regelungen in § 82 GO NRW wie folgt zusammenfassen:

Absatz 1:

Wenn die Haushaltssatzung noch nicht bekannt gemacht wurde oder der Haushalt noch nicht verabschiedet wurde, darf die Kommune folgende Ausgaben und Maßnahmen vornehmen:

1. *Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen*: Die Stadtverwaltung darf Aufwendungen und Auszahlungen leisten, die rechtlich vorgeschrieben sind oder für die Fortführung notwendiger Aufgaben als unaufschiebbar gelten.

   – Hierzu zählen insbesondere Bauvorhaben, Beschaffungen und Investitionsleistungen, die im Haushaltsplan des Vorjahres bereits vorgesehen waren.

 2. *Erhebung von Realsteuern*: Die Stadtverwaltung kann Realsteuern nach den Sätzen des Vorjahres erheben.

3. *Umschuldung von Krediten*: Kredite können umgeschuldet werden, was bedeutet, dass bestehende Verpflichtungen neu strukturiert werden können, um Zinsvorteile oder andere finanzielle Vorteile zu erlangen.

Absatz 2:

Reichen die Finanzmittel für die Fortsetzung von Bau- und Investitionsvorhaben nicht aus, darf die Stadtverwaltung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Kredite aufnehmen:

– Die Kredite dürfen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen bis zu einem Viertel des durchschnittlichen Kreditrahmens der beiden Vorjahre betragen.

– Die Stadtverwaltung muss einen Antrag stellen, der eine nach Dringlichkeit geordnete Übersicht der unaufschiebbaren Investitionen enthält.

– Die Genehmigung wird unter Berücksichtigung einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt.

Absatz 3:

Falls eine Haushaltssatzung nicht bekannt gemacht wurde und ein Haushaltssicherungskonzept erforderlich wird, gelten zusätzlich strengere Regelungen.

1. *Haushaltswirtschaftliche Beschränkungen*: Die Stadtverwaltung hat Einschränkungen bezüglich der Personalausgaben und des Aufwandsvolumens zu beachten.

2. *Überschreiten des Kreditrahmens*: Der in Absatz 2 festgelegte Kreditrahmen kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde überschritten werden, wenn dies notwendig ist, um widersprüchliche Rechtspflichten zu beachten.

Auswirkungen auf die Stadtverwaltung Kerpen.

*Finanzielle Planungssicherheit*: Der § 82 GO NRW gibt den Kommunen eine gewisse Planungssicherheit, auch wenn der neue Haushaltsplan noch nicht genehmigt ist oder verabschiedet wurde. Dies ist besonders wichtig, um notwendige Dienstleistungen und Investitionen aufrechterhalten zu können.

*Investitionsfähigkeit*: Die Regelung ermöglicht es Gemeinden, wichtige Investitionen (z. B. in Infrastruktur wie Straßen, Schwimmbäder oder Schulen) auch in Übergangszeiten fortzusetzen. Dies verhindert Verzögerungen, die für die Öffentlichkeit nachteilig sein könnten.

*Kreditaufnahme*: Die Möglichkeit, Kredite zu günstigen Konditionen aufzunehmen, ermöglicht den Gemeinden, größere Projekte zu finanzieren, auch wenn die Haushaltsmittel vorübergehend nicht ausreichen.

*Haushaltskontrolle*: Die Anforderungen an die Genehmigung von Krediten durch die Aufsichtsbehörde stellen sicher, dass die finanzielle Gesundheit der Gemeinden gewahrt bleibt und dass eine übermäßige Verschuldung vermieden wird.

Mein Fazit:

§ 82 GO NRW bietet einen Rahmen für die vorläufige Haushaltsführung in Kommunen, die es ihnen ermöglicht, auch in Situationen flexibler zu handeln, in denen die Haushaltssatzung noch nicht genehmigt ist oder verabschiedet wurde. Dies ist essenziell für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Dienstleistungen und eine verantwortungsvolle Finanzwirtschaft. Es gilt jedoch stets, die langfristigen finanziellen Verpflichtungen im Blick zu behalten, um eine nachhaltige Haushaltsführung sicherzustellen.

Wir bitten darum, hierbei mit Augenmaß vorzugehen und die Planungssicherheit von Dritten, wie Vereinen und Institutionen, zu berücksichtigen. Ein engerer Austausch mit der Politik sollte angestrebt werden, um unnötige Konfrontationen zu vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
David Held
Stadtverordneter

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